«Was willst du eigentlich?» – Dietmar Dath im Gespräch

Der Autor Dietmar Dath hat für das Theater Basel eine Überschreibung von Maxim Gorkis Stück ‹Sommergäste› verfasst. Im Vorfeld der Premiere hat er sich mit dem Dramaturgen Kris Merken unterhalten

Kris Merken: Die ‹Sommergäste› wurden 1904 uraufgeführt. Maxim Gorki stellt in dem Stück die russische «Intelligenzija» dar, die Schicht der Gebildeten, die zu hohem Ansehen in der Gesellschaft aufstieg und dann die soziale Stellung wieder verlor. Der Mittelstand erlebt gerade Ähnliches. Wiederholt sich die Geschichte?

Dietmar Dath: Gorki wollte sagen: «Diese Leute müssen sich ändern.» Aber das Publikum verstand: «Diese Leute sind interessant», weil das Stück zu nuanciert, zu gut geschrieben ist. Das Drama redet seinen Zweck kaputt. «Diese Leute» sind Deklassierte aus der Intelligenz und die waren schon damals von gestern. [...]

KM: Bei Gorki gibt es das Versprechen auf eine bessere Zukunft. In Deiner Aktualisierung scheint es das nicht zu geben. Warum?

DD: Die Zukunft stand damals gemäss den Kräfteverhältnissen (Arbeiterbewegung, akut schwache Kettenglieder im Imperialismus usw.) auf dem Programm. Heute erkennt man sie nur negativ in der Kontur des Weltniedergangs.

KM: Du verlagerst das Geschehen in die Schweiz, genauer nach Davos. Was hat es damit auf sich?

DD: In Davos treffen sich die vermeintlichen Köpfe des besagten Weltniedergangs. Aber er braucht gar keine Köpfe. Er passiert einfach. Der Widerspruch zwischen der Leere in jenen Köpfen und ihrem Symbolwert trägt Humor in sich. Der Ort Davos drückt diesen Humor als malerische Beschaulichkeit aus.

KM: Die Grundsituation ist komisch: Du zeigst Menschen, die Digital Detox machen wollen, aber von den Geräten nicht loskommen. Ist das auch eine Parabel auf die Auswirkungen der digitalen Transformation auf unsere Arbeits- und Lebenswelt?

DD: Die «digitale Transformation» ist eine Ideologie. Man kann die verschärfte Ausbeutung, die jetzt stattfindet, auch anders begründen als mit «die Technik will es so». Wenn die Monopole ihren Terror nicht mit Technik begründen, dann mit Nachhaltigkeit oder Ukraine oder Horoskopkäse. Aber die Leute im Stück nehmen die digitale Ideologie ernst und arbeiten sich daran ab. 

[...]

KM: Im Text gibt es einen Test, der Künstliche Intelligenz prüft mit der Frage «Was willst du eigentlich?» Was wäre deine Antwort?

DD: Ich will rausfinden, was los ist, und das Gefundene dann in der Absicht der Durchsetzung der Gerechtigkeit mit denen teilen und diskutieren, mit denen ich gedeihlich arbeiten und leben kann, mit Genossinnen und Genossen.

 

Dies ist ein Ausschnitt eines Gesprächs, das Sie ab dem 7. Februar in voller Länge im Programmheft lesen können. Programmheft bestellen →

Sommergäste› – Schauspiel
Inszeniert von Stefan Pucher
Nach Maxim Gorki in einer Überschreibung von Dietmar Dath

Biographie Dietmar Dath →

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