Wuff Wuff Wuff (ein Recherchebesuch beim Windhundrennen)

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I tighten my socks
I swallow a sip
It opens the box
 
The plaid hat nods
Global vision, Havana bale out
A lightning of dogs
 
Wuff Wuff Wuff
 
Five four three two one
10 pounds in my bank
For a moment I won
 
Suddenly distant Emma falls behind
I wish I had pommes frites
Or one more pint
 
Hund Hund Hund du graue Töle
 
I’m gonna get a paint
Then I faint
Out
I paint out
All the outlines of my vision
 
Is ja keine Sau hier
Auf meiner Horizont Vision
 
Wuff Wuff Wuff
 
Ich fühl mich auf einmal. Komisch
Bitte nicht jetzt das wär voll unlogisch
My fans are tight my belly is rumbling
I have to stop and mark future ein
 
Wifflwufflwaffl
 
Bierkrüge any- and everywhere
Ich betrunken doch schon sehr
Die Hunde piseln noch ins Gras
Ich denke ist das Angst oder was
 
Auf wen soll ich denn wetten
Mehr auf die dünnen oder den fetten
Fett sind nur die Pommes
Geld verspielen ist nichts frommes
 
Miaumiaumiau
 
Dann sehe ich auf der Sandgeraden
Mein Konto schwinden im Sauladen
hier. Ich denk, ich bin verloren
An diesen breiten Höllentoren
 
5 auf 3
3 auf 6
2 auf 4
4 auf 2

Ich glaube, ich habe noch nie zuvor in meinem Leben um Geld gewettet. Ausser – fällt mir jetzt gerade ein – in einer kurzen Phase im Alter von ungefähr 10, als ich jeweils im Freibad mit Freund:innen um ein paar Franken pokerte. Ich finde Glücksspiele unheimlich. Aus dem Zufall wird plötzlich Schicksal, wird plötzlich Aberglaube, wird plötzlich Bedeutung. Ich blättere durch die Hunde hindurch und bilde mir übersinnliche Kräfte ein.

Wir werden den ganzen Abend wetten. Ich werde immer verlieren.

Die Windhunde kommen und gehen beziehungsweise kommen und rennen. Es sind viele Hunde, vielleicht 50, 60, 70 Hunde, die an diesem Abend Runden durch das Stadion drehen.

Diese Tiere, die ich nicht rieche, die ich nicht höre, die ich nur kurz sehe, wenn sie zum Start geleint werden, die aus den Boxen springen und dann als schnelle Striche den Rundgang durch den Sand machen.

Menschen (alt und jung, schick und unschick, gesittet und ungesittet) jubeln, schwingen die Bierkübel, in die jeweils vier Pinten passen, wenn ich mich recht entsinne – oder waren es sechs?

Das Coral Romford Greyhound Stadium ist der letzte Ort in London für Windhundrennen. Es liegt zwischen Einfamilienhäusern, abgelegen im Osten der Stadt. Man braucht schon mal ein-zwei Stunden bis dorthin, und dann leuchtet das kleine Stadion plötzlich zwischen den dunklen Gassen hervor. Rufe und Geklatsche schlagen uns entgegen. Heute ist übrigens Freitag, der 13.

Ich lese, Greyhounds werden spätestens nach ihrem 4. Lebensjahr pensioniert, ausrangiert (in Irland sogar manchmal noch getötet). Sie werden bis zu 14 Jahre alt, sind sehr intelligent, anhänglich, freundlich – bellen können sie nicht. Sie haben ihre Wurzeln im alten Ägypten und in der britischen Jagd. Sie frieren schnell, denn ihre Haut ist so dünn, dass sie sofort aufreisst, sollten sie sich mal irgendwo anstossen.

Später werden wir im Rausch des Gewinnens (das eigentlich ein Verlieren war) in die Nacht hinausziehen, werden rastlos sein, von Bar zu Bar ziehen, Runden drehen, trinken, vielleicht angesteckt von der Bewegung der Windhunde durch ihre Bahn.

Für wen rennen die Windhunde? Ihre Schwänze wedeln, wenn sie ihre Trainer:innen wieder erblicken. Woher nehmen sie ihre Positivität gegenüber ihrem rennenden Schicksal, ihre Stärke aus ihrer Machtlosigkeit?

Das Schönste ist: Plötzlich reisst einer aus. Rennt über die Ziellinie hinweg. Jemand versucht ihn einzufangen, aber der Hund schiesst zwischen den Beinen hindurch, wirft noch einen Blick zur jubelnden Meute, als wolle er sie anstacheln noch lauter zu schreien, und rennt einfach weiter.

Ariane Koch ist derzeit Hausautorin am Theater Basel. Sie schreibt gerade ein Theaterstück über Krankheit und Hunde. Es wird anfangs 2024 uraufgeführt.

Fotocredits: Ariane Koch

 

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