Wal-Werden
ICH KOMME MIR EIN WENIG WIE EIN POTTWAL VOR
Wer sich auf die Suche nach dem weißen Wal begibt, wird früher oder später von einem unwiderstehlichen Wal-Werden erfasst. Die Geschichte von Kapitän Ahab erzählt von einer monströsen Allianz: Sein Bein wird von einem Wal verschlungen, und das künstliche Glied, das es ersetzt, besteht aus dem Kieferknochen eines Pottwals. Mensch und Tier verschmelzen miteinander.
Doch das große Verlangen, dem Wal zu begegnen und sich mit ihm zu verbinden, bleibt nicht auf Ahab beschränkt. Es ergreift den Erzähler, den Autor, die Leser:innen des Romans, die Schauspieler:innen, das Publikum – ja, selbst die Bühne. Alle werden hineingezogen in den Sog dieses Wal-Werdens.
Gemeinsam mit Markus Krajewski und Harun Maje, die sich mit ihrer spekulativ-paranoiden Methode der undurchschaubaren Beziehung zwischen Wahnsinn und Tier widmen, folgen wir den Metamorphosen des Romans und der Inszenierung und entdecken darin die Offenheit eines tief denkenden Wesens und ein radikales Prinzip der Gemeinsamkeit.
Markus Krajewski ist Professor für Mediengeschichte und -theorie an der Universität Basel. Zu den aktuellen Forschungsgebieten zählen Epistemologien des Randständigen, die Wissensgeschichte der Genauigkeit sowie Medien und Architektur. Er ist Mitinitiator des Historisch-spekulativen Moby Dick Kommentars der seit 2012 in fortlaufend in der ‹Neuen Rundschau› veröffentlicht wird.
Harun Maye vertritt die Professur für Medienwissenschaft am Seminar für Medienwissenschaft der Universität Basel. Seine Forschungsschwerpunkte sind die deutsche Literaturgeschichte seit dem 18. Jahrhundert, Begriffs- und Metapherngeschichte, Medien und Kulturtechniken, Literatur und politische Philosophie, Geschichte der Lesung und des Lesens. Er ist ebenfalls Mitinitiator und Autor des Historisch-spekulativen Moby Dick Kommentars.